Was ist Prozesskostenhilfe/ Verfahrenskostenhilfe?
Als eine Sonderform der Sozialhilfe im Bereich der Rechtspflege ermöglicht die Prozesskostenhilfe/ Verfahrenskostenhilfe auch denjenigen die Führung von Prozessen, die aus eigenen Mitteln finanziell nicht dazu in der Lage sind.
Ein Rechtsstreit vor einem Gericht kostet Geld. Dabei ist zu unterscheiden zwischen den Kosten, die für das Gericht anfallen (Gerichtskosten, das sind auch z.B. Sachverständigenhonorare) und denen, auf die der Rechtsanwalt einen Anspruch hat (Rechtsanwaltsvergütung).
Wer eine Klage erheben will, muss für das Verfahren in der Regel Gerichtskosten zahlen. Schreibt das Gesetz eine anwaltliche Vertretung vor oder ist aus sonstigen Gründen anwaltliche Vertretung notwendig, kommen die Kosten für diese hinzu. Entsprechende Kosten entstehen einer Partei, die sich gegen eine Klage verteidigt.
Die Prozesskostenhilfe/ Verfahrenskostenhilfe will Parteien, die diese Kosten nicht, nur zum Teil oder in Raten aufbringen können, die Verfolgung oder Verteidigung ihrer Rechte ermöglichen.
In Verfahren nach dem FamFG, also in Familiensachen und Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit, z.B. Betreuungssachen, heißt die Prozesskostenhilfe seit Einführung des FamFG "Verfahrenskostenhilfe". Regelungsgegenstand und Regelungszweck sind jedoch gleich. Zudem verweist das FamFG hinsichtlich der Verfahrenskostenhilfe weitestgehend auf die Vorschriften der Prozesskostenhilfe in der ZPO. Unterschiede bestehen insbesondere hinsichtlich der Anwaltsbeiordnung (s.u.).
Was bewirkt Prozesskostenhilfe/ Verfahrenskostenhilfe?
Die Prozesskostenhilfe/ Verfahrenskostenhilfe bewirkt, dass die Partei (also die Seite, die PKH erhält) auf die Gerichtskosten je nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen keine Zahlungen (auch keinen Gerichtskostenvorschuss) oder Teilzahlungen zu leisten hat.
Auf die Kosten einer anwaltlichen Vertretung erstreckt sich die Prozesskostenhilfe/ Verfahrenskostenhilfe, wenn das Gericht der Partei einen Rechtsanwalt oder eine Rechtsanwältin beiordnet. Dies muss besonders beantragt werden. Ein Rechtsanwalt ihrer Wahl wird der Partei dann beigeordnet, wenn eine Vertretung durch Rechtsanwälte vorgeschrieben ist oder eine anwaltliche Vertretung erforderlich erscheint. Die Tatsache, dass die Gegenseite durch einen Anwalt vertreten ist, genügt für sich gesehen nur im Bereich der Prozess-, nicht aber der Verfahrenskostenhilfe.
Wer erhält Prozesskostenhilfe/ Verfahrenskostenhilfe?
Dazu schreibt das Gesetz vor: "Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint." (vgl. § 114 ZPO).
Mutwillig handelt der/ die Antragsteller/ in, wenn eine ihre Prozesskosten selbst finanzierende Partei, von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht, etwa weil es nur um einen geringen Klagebetrag geht (vgl. § 114 Abs. 2 ZPO).
Einen Anspruch auf Prozesskostenhilfe/ Verfahrenskostenhilfe hat danach, - wer einen Prozess führen muss und die dafür erforderlichen Kosten nicht aufbringen kann und - nach Einschätzung des Gerichts Aussichten hat, den Prozess zu gewinnen. Ein Anspruch auf Prozesskostenhilfe/ Verfahrenskostenhilfe besteht nicht, wenn eine Rechtsschutzversicherung oder eine andere Stelle die Kosten übernimmt. Sie kann ferner z. B. dann nicht gewährt werden, wenn der Ehegatte oder bei einem unverheirateten Kind die Eltern oder ein Elternteil aufgrund gesetzlicher Unterhaltspflicht für die Kosten aufkommen müssen.
Die Partei, die Prozesskostenhilfe/ Verfahrenskostenhilfe erhält, muss ggf. dennoch zu den Kosten beitragen, wenn sie in der Lage ist, aus ihrem Einkommen Raten zu zahlen. Insgesamt sind höchstens 48 Monatsraten zu zahlen, deren Höhe sich nach dem Einkommen richtet. Verbessern sich die Verhältnisse der Partei wesentlich, kann sie vom Gericht auch noch nachträglich bis zum Ablauf von vier Jahren seit Prozessende zu Zahlungen herangezogen werden, unter Umständen bis zur vollen Höhe der Gerichtskosten und der Kosten ihrer anwaltlichen Vertretung. Verschlechtern sich ihre Verhältnisse, ist eine Veränderung etwa festgesetzter Raten (auch die Einstellung einer Ratenzahlungsanordnung) zugunsten der Partei möglich.
Wenn der Antrag auf Bewilligung von Prozess-/Verfahrenskostenhilfe ab dem 01.01.2014 gestellt wurde, trifft die Partei eine Pflicht zur unverzüglichen Mitteilung, sofern sich innerhalb von 4 Jahren nach Beendigung des Verfahrens ihre wirtschaftlichen Verhältnisse wesentlich verbessern oder sich ihre Anschrift ändert. Bezieht die Partei ein laufendes monatliches Einkommen, ist eine Einkommensverbesserung nur wesentlich, wenn die Differenz zu dem bisher zu Grunde gelegten Bruttoeinkommen nicht nur einmalig 100,00 Euro übersteigt. Wenn die Partei wesentliche Verbesserungen ihrer Einkommens- und Vermögensverhältnisse oder Änderungen ihrer Anschrift absichtlich oder aus grober Nachlässigkeit unrichtig oder nicht unverzüglich mitgeteilt hat, soll das Gericht die Bewilligung der Prozesskostenhilfe/ Verfahrenskostenhilfe aufheben.
Eine wesentliche Verbesserung der wirtschaftlichen Verhältnisse kann auch dadurch eintreten, dass die Partei durch das Verfahren etwas erlangt. Wer einen Prozess gewonnen und vom Prozessgegner Geld erhalten hat, muss davon nachträglich zu den Prozesskosten beitragen.
Welche Risiken sind zu beachten?
Wer einen Rechtsstreit führen muss, sollte sich zunächst möglichst genau über die Höhe der zu erwartenden Gerichts- und Anwaltskosten informieren lassen. Dies gilt auch bei Prozesskostenhilfe/ Verfahrenskostenhilfe. Sie schließt nicht jedes Kostenrisiko aus. Insbesondere erstreckt sie sich nicht auf die Kosten, die die gegnerische Partei für ihre Prozessführung, z. B. für ihre anwaltliche Vertretung, aufwendet. Das heißt, verliert eine Partei den Prozess, so muss sie dem Gegner diese Kosten in der Regel auch dann erstatten, wenn ihr Prozesskostenhilfe/ Verfahrenskostenhilfe bewilligt worden ist. Eine Ausnahme gilt in der Arbeitsgerichtsbarkeit: hier hat die unterliegende Partei in der ersten Instanz die Kosten der gegnerischen Prozessvertretung nicht zu erstatten.
Schließen die Parteien einen Vergleich, in welchem die Partei, der Prozesskostenhilfe/ Verfahrenskostenhilfe bewilligt worden ist, Kosten des Verfahrens übernimmt, muss sie die entsprechenden Gerichtskosten nur dann nicht zahlen, wenn der Vergleich einschließlich der Verteilung der Kosten von dem Gericht vorgeschlagen worden ist und das Gericht in seinem Vergleichsvorschlag ausdrücklich festgestellt hat, dass die Kostenregelung der sonst zu erwartenden Kostenentscheidung entspricht.
Schon für eine anwaltliche Vertretung im Verfahren über die Prozesskostenhilfe/ Verfahrenskostenhilfe entstehen Kosten. Diese muss die Partei begleichen, wenn ihrem Antrag auf Prozesskostenhilfe/ Verfahrenskostenhilfe nicht entsprochen wird. Das gleiche gilt für bereits entstandene und noch entstehende Gerichtskosten.
Wie erhält man Prozesskostenhilfe/ Verfahrenskostenhilfe? ( Hinweise zum Vordruck)
Damit nicht auf Kosten der Allgemeinheit mutwillig und unbegründet prozessiert wird, wird Prozesskostenhilfe/ Verfahrenskostenhilfe nur dann gewährt, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind.
Erforderlich ist ein Antrag beim Prozessgericht. In dem Antrag muss das Streitverhältnis ausführlich und vollständig dargestellt sein. Es muss sich die vom Gesetz geforderte "hinreichende Aussicht auf Erfolg" (s. oben) schlüssig ergeben. Die Beweismittel sind anzugeben. Zu diesen Fragen empfiehlt es sich, wenn nötig, einen anwaltlichen Rat einzuholen. Lassen Sie sich dabei auch über das Beratungshilfegesetz informieren, nach dem Personen mit geringem Einkommen und Vermögen eine kostenfreie oder wesentlich verbilligte Rechtsberatung und außergerichtliche Vertretung beanspruchen können. Prozesskostenhilfe/ Verfahrenskostenhilfe kann grundsätzlich nur für die Zeit nach Vorlage des vollständigen Antrags einschließlich dieser Erklärung und aller notwendigen Belege bewilligt werden.
Dem Antrag sind außerdem eine Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse (Familienverhältnisse, Beruf, Vermögen, Einkommen und finanzielle Verpflichtungen und Belastungen) sowie entsprechende Belege beizufügen. Für die Erklärung muss im Bewilligungsverfahren ein bestimmter Vordruck benutzt werden. Diesen erhalten Sie bei Ihrem Amtsgericht oder direkt bei Ihrer Rechtsanwältin/ Ihrem Rechtsanwalt. Zum Herunterladen finden Sie den Vordruck unter der Rubrik "Service" bei den Formularen.
Das Gericht verfügt mit der Bewilligung der Prozesskostenhilfe/ Verfahrenskostenhilfe über Mittel, die von der Allgemeinheit durch Steuern aufgebracht werden. Es muss deshalb prüfen, ob ein Anspruch auf Prozesskostenhilfe/ Verfahrenskostenhilfe besteht. Der Vordruck soll diese Prüfung erleichtern. Haben Sie daher bitte Verständnis dafür, dass Sie Ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse darlegen müssen. Dabei ist zu beachten, dass Prozesskostenhilfe/ Verfahrenskostenhilfe für jeden Rechtszug gesondert beantragt und bewilligt werden muss.
Lesen Sie den Vordruck sorgfältig durch und füllen Sie ihn vollständig und gewissenhaft aus. Beachten Sie besonders die Ausfüllhinweise zum Vordruck. Wenn Sie beim Ausfüllen Schwierigkeiten haben, können Sie sich an Ihren Rechtsanwalt, an Ihre Rechtsanwältin oder an das Gericht wenden. Sollte der Raum im Vordruck nicht aus-reichen, können Sie die Angaben auf einem besonderen Blatt machen. Bitte weisen Sie in dem betreffenden Feld auf das beigefügte Blatt hin.
Bitte fügen Sie die notwendigen Belege nach dem jeweils neuesten Stand bei, nummerieren Sie sie und tragen Sie die Nummer in dem dafür vorgesehenen Kästchen am Rand jeweils ein. Fehlende Belege können zur Versagung der Prozesskostenhilfe/ Verfahrenskostenhilfe führen, unvollständige oder unrichtige Angaben auch zu ihrer Aufhebung und zur Nachzahlung der inzwischen angefallenen Kosten. Bewusst unrichtige oder unvollständige Angaben können eine Strafverfolgung nach sich ziehen.
Wichtige Punkte auf einen Blick:
- Die PKH-/ VKH-Bewilligung umfasst nicht die Rechtsanwaltskosten der Gegenseite im Fall des Unterliegens. Das Prozessrisiko bleibt deshalb in diesem Umfang bestehen.
- Ändern sich die persönlichen und/oder wirtschaftlichen Verhältnisse der PKH-/ VKH-Partei innerhalb von 4 Jahren nach der Beendigung des Prozesses kann die
PKH-/ VKH-aufgehoben oder eine Ratenzahlung angeordnet oder abgeändert werden.
Insoweit trifft die Partei eine Pflicht zu unaufgeforderten Mitteilung, wenn der Antrag ab dem 01.01.2014 gestellt wurde. - Prozesskostenhilfe/ Verfahrenskostenhilfe wird nicht bewilligt, wenn z.B. eine Rechtsschutzversicherung oder gesetzlich unterhaltspflichtige Personen die Kosten übernehmen (müssen).